UNTERLEUTEN

Roman
Juli Zeh
Luchterhand , München 2016 , € 24,99 (D)
ISBN 978-3-630-87487-6

 

UNTERLEUTEN AussDen Schauplatz ihres ersten großen Gesellschaftsromans hat Juli Zeh sich ausgedacht und ins Brandenburgische gepflanzt, ein winziges Dorf in der weiteren Umgebung Berlins: Unterleuten. Ländliche Idylle, so hat es zumindest den Anschein. Wenige Bewohner, Einheimische und Zugewanderte, nichts Aufregendes. Rundherum Ortsnamen wie Beutel und Seelenheil. Kaum Anschluss an den Rest der Welt, trotz Internet. Zur Zeit der Handlung – das Jahr 2010 gibt sich leicht zu erkennen –  leben im Ort weder Migranten noch Flüchtlinge aus anderen Teilen der Welt. Die Zugewanderten sind deutsche Stadtflüchtlinge, die nahe Hauptstadt lässt grüßen.

Die Dinge geraten ins Wanken, als die Autorin die geplante Errichtung eines Windparks auf dem Gebiet des Dorfes ins Spiel bringt, ein Ereignis, das im Zuge der politisch beschlossenen Energiewende, wie für andere deutsche Gemeinden auch, mit recht großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten war.

Im „Märkischen Landmann“, der klassischen Dorfgaststätte, treten die unterschiedlichen Positionen der versammelten Dorfbewohner gegenüber den kaum noch zu verhindernden Windrädern zu Tage. Sind es die Alteingesessenen, die sich dem Windpark, der ihre dörfliche Idylle bedroht, entgegenstellen, oder die Neuen, die Zugewanderten, die Großstadtflüchtlinge, mit ihren Plänen für einen privaten Neuanfang  inmitten der friedlichen Natur, die sie rücksichtslos verfolgen?

Der Bürgermeister sieht sprudelnde, dringend benötigte Steuereinnahmen, die Eigentümer der vorgesehenen Parzellen taktieren und rechnen, die zugezogene  Pferdenärrin und der akademisch vorgeprägte Vogelschützer verfolgen ihre speziellen Interessen. Gombrowski und Kron, beide alteingesessen und Gegenspieler seit Kindesbeinen, führen ihren Kampf zu Ende.

Unterleuten bietet 62 Kapitel guter Unterhaltung mit jeder Menge Themen, die uns heutzutage durch den Kopf gehen, wie etwa die sich fortsetzende Tendenz zum Individualismus bzw. zur Entsolidarisierung, Misstrauen gegenüber Fremden, Energiewende und Bodenspekulation. Die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Die eigens ins Netz gestellte Website zum Buch ( www.unterleuten.de ) und weitere Kreationen der Autorin wie der Ratgeber „Dein Erfolg“ von Manfred Gortz  oder die Website zum „Märkischen Landmann“ mögen verkaufsfördernd wirken, dürften aber der Fantasie des Lesers eher Grenzen setzen. Weniger wäre vielleicht mehr gewesen.


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