REDEFREIHEIT – Prinzipien für eine vernetzte Welt
Timothy Garton Ash
Carl Hanser Verlag München 2016
688 Seiten 28 €
Zu Beginn der 1960er Jahre hieß man die Welt ein globales Dorf, entstanden durch die neue elektronische Interdependenz. Der Historiker Timothy Garton Ash wähnt uns heute, 50 Jahre später, mit Internetzugängen für fast die Hälfte der Weltbevölkerung, in einer weltweiten Gesellschaft der Vernetzten, einer „virtuellen Kosmopolis“. 24 Stunden täglich sind wir von wahren und unwahren Informationen, wissenschaftlichen Abhandlungen, mehr oder weniger leeren Floskeln, Propaganda, Kaufaufforderungen und unendlich vielen Banalitäten umzingelt. Sich öffentlich zu äußern ist technisch mühelos zu realisieren, aber wie weit reicht die „Redefreiheit“? Sind ihr Grenzen zu setzen, und wenn ja, an welchen Stellen? Wer hat hier bereits Entscheidungen getroffen, wer sollte es tun und wer möglichst nicht?
Das Internet macht es leichter, etwas an die Öffentlichkeit zu bringen, und es erschwert es, etwas für sich zu behalten. Ersteres hat ein großes befreiendes Potenzial, insbesondere für die Redefreiheit; letzteres hat repressives Potenzial, auch als Bedrohung für die Redefreiheit, sagt Garton Ash.
Aus den Erfahrungen, die er aus der von ihm 2011 initiierten weltweiten Debatte über die Entwicklung der Redefreiheit gewonnen hat, entwickelt er Prinzipien, mit Hilfe derer sowohl das Recht auf die Freiheit der Rede als auch die Würde Andersdenkender gesichert werden sollen.
Die Ordnung der Kosmopolis bestimmen drei konkurrierende Machtgruppen: Hunde, Katzen und Mäuse. Hunde, das sind die staatlichen Großmächte USA, China, die EU und einige Mittelmächte, die genügend Macht besitzen um den Katzen, das heißt Unternehmen wie Google, Facebook und Apple wenigstens einige Grenzen und Regeln aufzuerlegen. Die dritte Gruppe stellen wir, das Milliardenheer der User, der Bewohner der virtuellen Megacity. Auch wir haben Einfluss, sind aber mehr noch verschiedensten Einflüssen ausgesetzt wie totaler Transparenz, Ausspähung und Cybermobbing.
Es geht Garton Ash um das Erbe der großen englischen Verfechter der Meinungsfreiheit wie John Stuart Mill und John Milton, um freien Ausdruck, gutes Argumentieren und letztendlich darum, in der globalen Gemeinschaft der vielfältig Verschiedenen auf engstem Raum zusammenleben zu können. Er ruft dazu auf, „offen und mit robuster Zivilität“ über alle Arten von Unterschieden zwischen den Menschen zu sprechen.
Das Buch ist in Zusammenarbeit mit Studenten aus allen Teilen der Welt, an verschiedenen Orten und in mehreren Sprachen entstanden. Über www.freespeechdebate.com ist jedermann zu Feedback aufgerufen – gelebte Redefreiheit.
ISBN 978-3-446-24494-8
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