Sag´nicht, wir hätten gar nichts

„In nur einem Jahr verließ uns mein Vater zweimal. Das erste Mal, um seine Ehe zu beenden, und das zweite Mal, als er sich das Leben nahm. In diesem Jahr, 1989, flog meine Mutter nach Hongkong, um meinen Vater auf einem Friedhof nahe der Grenze zu China zur Ruhe zu betten. Danach kehrte sie verstört nach Vancouver zurück, wo ich alleine zu Hause geblieben war. Ich war zehn Jahre alt.“ Mit diesen klaren Sätzen über Jiang Kai,  ihren Vater, der in China ein gefeierter Pianist gewesen war, beginnt Madeleine Thien ihren preisgekrönten Roman über das Leben dreier Generationen von Musikerfamilien im China des 20. Jahrhunderts. Sie beschreibt mit großem Einfühlungsvermögen die Geschicke begnadeter Komponisten, Violinisten, Pianisten und ihrer Familien, die allesamt in den Strudel der jeweiligen politschen Verhältnisse geraten, denen sie sich nicht zu entziehen vermögen. Sie teilen, jeder an seinem Platz, das Schicksal vieler Millionen Leidensgenossen: Die Generation der Großeltern  hat Mühe, Mao Zedong´s Aufstieg in den vierziger Jahren durchzustehen. Ihre Kinder müssen zusehen, wie sie seine Kulturrevolution überleben. Deren Nachkommen wiederum demonstrieren 1989 auf dem Platz des Himmlichen Friedens in Beijing. Unterdrückung und Gewalt zwingen die Menschen tagtäglich dazu, sich zu verstellen und verstecken. Wo ist Platz zum Überleben? Drei Familien, drei Generationen, die tiefverwurzelte Liebe  –  auch zu europäischer – Musik: Tragische Schicksale,  poetisch und bewegend erzählt.

Madeleine Thien, 1974 in Vancouver geboren, lebt in Montreal. Sie erhielt zahlreiche Literaturpreise, unter anderem 2015 für ihren Roman „Flüchtige Seelen“ den Literaturpreis der Frankfurter Buchmesse.

 

Madeleine Thien

Sag´nicht, wir hätten gar nichts

Deutsche Ausgabe 2017 Luchterhand Literaturverlag  München

ISBN: 978-3-630-87520-0

Fotos: Verlag

 


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