Das Wintertagebuch

Geschichten, Rezepte und Notizen für die kalten Monate von Nigel Slater

Dumont, September 2018,

480 Seiten, 102 farbige Abbildungen,

Originaltitel: The Christmas Chronicles,

Originalverlag: HarperCollins Publishers Ltd, London 2017,

Übersetzung: Sofia Blind,

ISBN 978 -3 -8321 – 9935 – 7

 

 

 

„Manche Menschen erinnern sich an Sommer. An Ferien in der Toskana, an Mittagessen im Freien, die sich in Abendessen verwandelten und bis tief in die Dunkelheit weitergingen, an ein Picknick am Strand oder an den Sommernachmittag, an dem sie ihre Unschuld verloren.

Ich erinnere mich an Winter. Ich kann meine Liebe zu den kalten Monaten auf einen ganz bestimmten Tag zurückverfolgen. Auf den Winter 1962/1963, um genau zu sein. Ein Spätnachmittag, als gerade die Sonne unterging und der Himmel von Apricot über Scharlach zu Lavendel wechselte. Ich spielte draußen, mit einem riesigen Schneebrocken, den wir die stille Straße entlanggerollt hatten, bis er immer größer und schließlich so groß geworden war, dass wir ihn nicht mehr bewegen konnten; dann hatte ich ihn flach gedrückt zu einer Theke. Ich spielte Kaufladen, in Dufflecoat und Fäustlingen, und formte die Lebensmittel aus Schnee. (Läden zu betreiben, liegt meiner Familie ein wenig im Blut: In viktorianischen Zeiten hatten wir ein Milchgeschäft in Birmingham.) Meine Freunde kauften die Schneekuchen und warfen sie dann als Schneebälle aufeinander. Ich erinnere mich daran, dass meine Mutter mich hereinholte, als sie merkte, dass alle anderen Kinder zum Tee nach Hause gegangen waren und ich immer noch dastand, mit meinem Schneeladen beschäftigt.“

So lässt Slater seine Kindheitserinnerungen an die kalte Jahreszeit beginnen.

Und, über den Duft des Winters sinnierend, schreibt er:

„Düfte kommen mir im Winter immer besonders intensiv vor. Der Geruch getoasteter Hefeteig-Crumpets an einem frostigen Morgen. Der Saft aus einem abgebrochenen Zweig im Garten oder frisch geriebene Zitronenschale in der Küche – alles wirkt in dieser Zeit des Jahres besonders lebendig, wie verstärkt. Die kalte Luft scheint Düfte zum Strahlen zu bringen.“

Dem lässt er eher nüchterne, geradezu wissenschaftliche Ausführungen darüber folgen, warum unsere Fähigkeit, an frostigen Tagen Düfte wahrzunehmen, in Wahrheit abnimmt.

Und die Rezepte! Zum Beispiel „Heißgeräucherter Lachs, Kartoffeln und Dill“ für zwei Personen: Einfach, genial. Das geht so:

„neue Kartoffeln – 300 g

Dill, grob gehackt – 2 gehäufte Esslöffel

Weißweinessig – 2 Esslöffel

Olivenöl – 4 Esslöffel

heiß geräucherter Lachs – 2 Stücke à 200 g

Den Backofen auf 200 Grad C vorheizen. Einen großen Topf Wasser zum Kochen bringen und großzügig salzen. Die Kartoffeln waschen, längs halbieren und 15 Minuten im Wasser garen, bis sie weich sind. Abgießen.

Den Dill in ein Schälchen geben. Mit Weißweinessig, Olivenöl und ein wenig Salz und Pfeffer verrühren. Die Kartoffeln in eine Brat- oder Backform legen und mit dem Dilldressing vermengen. Im vorgeheizten Ofen 15 Minuten backen, bis sie anfangen, goldbraun zu werden. Den Lachs auf die Kartoffeln legen, mit etwas Dressing aus der Form beträufeln, noch 10 Minuten in den Ofen stellen und servieren.“

180 Rezepte, von Christmas Cake bis zum zarten Lamm mit cremigen Bohnen. Fotos, die anzuschauen  einem schon das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Liebevolle Beschreibungen von Brauchtümern, die mehr und mehr in Vergessenheit zu geraten drohen.

Ein Buch, das schon bezaubert wenn man es sieht und in die Hand nimmt. Ein Buch voller Leben, voller Gefühle und Erinnerungen, gespickt mit großartigen Koch- und Backanregungen. Rundum  ein wahrer Genuss!

 

 

 


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